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Schaumburger Industriegeschichte
Am Hang des Bückeberges gibt es zahlreiche Bäche, deren starkes Gefälle zum Betrieb von Mühlen genutzt wurde. Alle hatten mit dem Problem zu kämpfen, dass der fortschreitende Bergbau zum teilweisen Versiegen der Bäche führte.
Links abbiegend führt uns der Weg "Am Teilland" ins freie Feld, mitten durch die ausgedehnte Haldenlandschaft des ehemaligen "Stadthäger Reviers". In regelmäßigen Abständen von 90 m folgen die baumbestandenen Bergehalden aufeinander. Die Schächte hier standen zwischen 1840 und 1850 in Förderung. Von Hörkamp-Langenbruch geht es über Wendthagen und Liekwegen wieder in Richtung Obernkirchen. Auf der ganzen Strecke bieten sich immer wieder reizvolle Blicke in die Schaumburger Ebene, auf den haldengespickten Abhang des Bückeberges, über die mächtige Halde des Georgschachtes hinweg, bis zum Kaliberg des Schachtes Sigmundshall am Steinhuder Meer.
Nur Straßennamen und einige Wohngebäude erinnern noch an die beiden schaumburg-lippischen Glashütten "Wendthöhe" in Wendthagen und "Schierbach" in Nienstädt. Mehrere Glashütten ließen sich im frühen 19. Jahrhundert als Folgeindustrie des Steinkohlebergbaus am Berghang nieder. Sie nutzten den Aufwind am Hang als Sauerstoffzufuhr für ihre Öfen, die sie mit heimischen Kohlen befeuerten. Mit diesen standortfesten, auf Kohle als Energieträger gestützten Fabriken, endete die Ära der holzverschlingenden Wanderglashütten. Am Ende der Straße, bevor sie mit einem scharfen Knick nach Obernkirchen hinunterführt, geht es geradeaus zum Liethstollen. Das satte Grün der Golfbahnen lässt kaum erahnen, dass dieser Ort einst ein Industrierevier war. Die Restgebäude der bergamtseigenen Ziegelei werden vom Golfclub als Wirtschaftsgebäude genutzt. Etwas hinter Wällen versteckt – warum eigentlich? – liegt das historistische Portal des Liethstollens, eine einzigartige architektonische Kostbarkeit im gesamten deutschen Steinkohlebergbau. Dieser Stollen erschloss das gesamte Liethstollenrevier seit Beginn des letzten Jahrhunderts. Ein Großteil der geförderten Kohlen wurde gleich nebenan in der Brikettfabrik gemahlen, mit Pech verklebt und zu den berühmten Schaumburger Briketts mit dem eingestanzten Nesselblatt gepresst. Durch die leeren Fensterhöhlen der mächtigen Fassade pfeift heute der Wind.
In Richtung der letzten Station besteht die Möglichkeit zu einem Abstecher zum Obernkirchener Freibad. Neben dem Badespaß wird hier auch für das leibliche Wohl gesorgt.
Ein Stollenportal kennzeichnet den Ort des Notbergbaues. Hier wurden in den 1950er Jahren Kohlepfeiler abgebaut, die man früher zur Abstützung hatte stehen lassen. Das war die nahe liegendste Möglichkeit, die durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene angewachsene Bevölkerung Obernkirchens mit Heizmaterial zu versorgen.
Der Routenverlauf
Die Radtour beginnt in Obernkirchen, der Wiege des Schaumburger Bergbaus. Hier begann das organisierte Schürfen nach Steinkohlevorkommen und von hier aus wurden über 500 Jahre die Bergbaubetriebe verwaltet. Rund um den Kirchplatz lassen sich zahlreiche Hinweise darauf finden. Die Propstei des Stiftes hatte in der Frühzeit des Bergbaus die Aufsicht über die Gruben. Der erste schriftliche Nachweis über den Bergbau ist eine Abrechnung des Propstes mit seinen "Kohlengräbern" aus dem Jahre 1498. Gleich im Eingang der Stiftskirche St. Marien befindet sich das Grabmal des Kohlenvogtes und Bürgermeisters Tünnermann aus dem 18. Jahrhundert. Das Berg- und Stadtmuseum gegenüber der Kirche lässt die Bergbauvergangenheit lebendig werden. Das 1865 errichtete neue Bergamt mit Schlägel und Eisen über dem Eingang, das heute ein Seniorenheim ist, die Direktorenvilla an der Bergamtsstraße, "Kohlenkirche" genannt, und das Transformatorenhaus am Kirchplatz sind weitere Zeugnisse des Bergbaus.
Der Radwanderweg überquert nun den historischen Marktplatz in die "Lange Straße". Das Gebäude der Sparkasse wurde 1736 als Amtssitz des ersten Bergrates Barthold von Cölln erbaut, vom Marktbrunnen grüßen Schlägel und Eisen als Symbol des Bergbaus. Der Ausgang der "Langen Straße" erlaubt einen weiten Blick in die Norddeutsche Tiefebene. Am Horizont sieht man die Kühltürme des Kraftwerks Lahde. Dort etwa befanden sich die Verladestellen für Obernkirchener Kohlen und Sandstein, die vor dem Dreißigjährigen Krieg die Stadt durch das Steinbrinker Tor verließen. Das Kraftwerk war übrigens auch der letzte Großabnehmer von Schaumburger Kohlen aus dem Schacht Lüdersfeld, ehe der Bergbau 1960 eingestellt wurde. Mit leichtem Gefälle über den Steinbrink in den Gelldorfer Weg, vorbei an einem wappengeschmückten Hauptstein der Hessisch-Schaumburg-Lippischen Grenzziehung von 1733, verlässt man Obernkirchen. Damit verlässt auch das einzige verwertbare von vier Kohleflözen, mit 30-70 cm Mächtigkeit, den Abhang des Bückeberges, um in die Tiefen der Schaumburger Kreidemulde abzutauchen. Das veränderte auch die Form des Abbaues. Während im Bückeberg die in 15-20 m Tiefe liegenden Kohlen über Stollenbetriebe gewonnen werden konnten, musste man in der Ebene Schächte auf die Flöze treiben, die sich hier bereits in 30-50 m Tiefe befanden.
Nach dem Schaumburger Bergrecht gehören die Bodenschätze der jeweiligen Landesregierung. Die Grundstücksbesitzer, in der Regel die Bauern, mussten sich den Bergbau auf ihrem Gelände gefallen lassen und blieben auch noch auf den Hinterlassenschaften sitzen. Jeder der dicht nebeneinander geteuften Schächte hinterließ eine Bergehalde aus mitgefördertem Gestein, im Volksmund "Kummerhaufen" genannt. Sie prägen heute, weithin sichtbar, das Landschaftsbild am Nordwestabhang des Bückeberges und sind als Kulturdenkmale, sowie als Rückzugsflächen für Tiere und Pflanzen, fast alle unter Schutz gestellt.
Vom Gelldorfer Weg hat man einen schönen Blick auf zwei Bergehalden aus unterschiedlichen Bergbauperioden. Die kleine, buschbewachsene Halde mitten im Feld ist 1816 entstanden. Der Schacht hier erreichte die Kohle in 36 m Tiefe. Im Hintergrund sieht man die mächtige Halde des Schachtes WD 3, der seit 1870 die Kohle aus 84 m Tiefe förderte und bereits zum Tiefbau in der Schaumburger Ebene gehört. Gelldorf war zu dieser Zeit eines der Schaumburger Dörfer mit einem hohen Anteil an Bergleuten.
Nach der Überquerung der B 65 an der Ampel geht es durchs Feld von Gelldorf nach Südhorsten, vorbei an einigen größeren, baumbestandenen Bergehalden. Hinter der letzten Halde vor Südhorsten lag der Festplatz und die Festhalle der Schaumburger Bergleute in der Sülte. Das Gebäude wurde 1933 demontiert und in Obernkirchen auf der Lieth wieder aufgebaut. An der Birkenallee in Südhorsten befinden sich zwei bemerkenswerte Anlagen, die dazu dienten, mit dem Problem des Grubenwassers fertig zu werden: der über 1000 m lange Südhorster Stollen, der 1769 aufgefahren wurde, um das neue Obernkirchener und das Südhorster Revier zu entwässern und das Gebäude des Kunstschachtes II mit der Steigerwohnung. Hinter dem kirchenähnlichen Rundbogenfenster im Maschinenhaus befand sich der Raum für eine 100 PS starke Dampfmaschine. Mit dieser wurde seit 1852 das Wasser aus den ersten beiden Tiefbausohlen nach oben gepumpt, das durch den Südhorster Stollen abfloss.
Am sandsteingefassten Stollenmundloch Ecke Hauptstraße befindet sich eine Wappentafel mit den Namen der beiden damals regierenden Fürsten aus Hessen und Schaumburg-Lippe, denn der Bergbau wurde gemeinschaftlich über die Ländergrenzen hinweg als Kommunionsbergbau betrieben. Auf dem Weg durch Sülbeck in Richtung Nienstädt weisen zahlreiche Straßennamen auf frühere Bergbautätigkeit hin: "Flautstollen", "Auf den Kuhlen", "Osterholzfeld", "Schwarzer Weg" und zum Schluss "An der Halde".
Der Weg führt vorbei an den Gebäuden des ehemaligen Kunstschachtes I, die heute Wohnzwecken dienen. Der Abstecher zum Kunstschacht I führt in einer Schleife zurück zum Schwarzen Weg. Auf dem Osterholz in Nienstädt lag das Zentrum der frühindustriellen Epoche des Bergbaus. Hier legte das Bergamt den ersten Kunstschacht zur Wasserhaltung an, hier begann man auch seit 1810 mit den Versuchen, Kohle abzuschwefeln, um die sog. "Coaks" herzustellen. Mit der Großabnahme durch die Harzer Silberhütten und die Reichsbahn warf die Kokerei später enorme Gewinne ab, verpestete aber auch mit ihren Schwefeldämpfen die Luft der Umgebung. An die Kokerei erinnert nur noch die große Halde und ein runder Backofen für Ziegelsteine, der auf dem Hof der Grundschule steht.
Am Nienstädter Bahnhof steht der mächtige, zinnengekrönte Turm eines Pumpschachtes, der an die "Malakofftürme" im Ruhrgebiet erinnert. Der grüne Dom der Ahornallee auf dem Weg zum Georgschacht signalisiert schon ein wenig die Bedeutung dieser Anlage. Die größte Zechenanlage des Schaumburger Bergbaus, benannt nach dem regierenden Fürsten Georg zu Schaumburg-Lippe, entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das gestiegene Ansehen und die Bedeutung der Montanindustrie für die Region spiegelte sich auch in der repräsentativen Ausführung der Gebäude. Das gilt besonders für das Zechenhaus mit den Bädern für Bergleute und Beamte, das selbst jetzt als Ruine noch Größe ausstrahlt und das Elektrische Kraftwerk mit seiner nach Stadthagen ausgerichteten Schaufassade. Der ganze Komplex umfasste einmal die beiden Fördertürme, die Kokerei, das Kraftwerk und eine ganze Reihe von Anlagen zur Gewinnung von Nebenprodukten, wie Benzol, Ammoniak, Gas oder Schlackensteinen.
Vorbei an einem Stichweg, an dem die Beamtenwohnhäuser liegen, geht es in Richtung Stadthagen über den Falkenweg, St. Annen und Bergstraße zur Wassermühle Krebshagen.